ALLTAGSGESCHICHTE Ja, unsere Frieda ist ein eher zurückhaltendes Mini-Menschen-Kind. Sie mag unbekannte Situationen genauso wenig wie fremde Menschen. Sie geht von sich aus niemals auf nicht vertraute Leute zu und braucht länger als viele andere Kinder bis sie Vertrauen fasst und sich in einer Gruppe oder einer Situation wohlzufühlen beginnt. Frieda benötigt dann sehr viel Zuspruch, Unterstützung und Begleitung von uns. Das ist ihr Wesen, ihr Charakter und ihr Menschsein. Wir geben Frieda die Liebe und Nähe, die Verlässlichkeit und Sicherheit, aber auch die Zeit, die sie in vielen Situationen und Kontakten zu anderen Menschen benötigt. Wir sind für sie da und versuchen sie stark zu machen für etwaige Situationen im Leben und diese mit ihr gemeinsam durchzustehen. Wir ermutigen sie und führen aber auch Situationen herbei, in denen sie sich behutsam bewähren kann. Ich erzähle viel aus meiner Kindheit und dass ich auch eher zurückhaltend-ängstlich war. Dass ich nie in den Kindergarten gehen wollte (und gegangen bin) und gebe zu, dass es auch heute noch Situationen gibt, in denen ich selbst unsicher oder ängstlich. Wie mit einer Großen überlege und bespreche ich mittlerweile, was man in solch einer Lage für sich selbst machen könnte.
Kinderballett & Kinderreitstunde
Ich erinnere mich zum Beispiel noch an die erste Stunde im Kinderballett. Oh, je. Frieda weinte. Die anderen Kinder, die Tanzlehrerin und vor allem die Blicke der fremden Erwachsenen. Am liebsten wäre unser Mini-Menschen-Mädchen sofort wieder gegangen. Wir wollen aber nicht fliehen, sondern für sie da sein und sie für etwaige Situationen im Leben stark machen. Frieda soll spüren, dass wir sie bedingungslos lieben, ihr Halt geben und mit ihr gemeinsam unliebsame Begegnungen und Begebenheiten durchleben. Dabei zwingen wir sie natürlich zu nichts, aber wir gehen dann auch nicht sofort wieder. In der ersten Ballettstunde war es auch so, dass Frieda sich unwohl fühlte und natürlich nicht mitmachen wollte. Das musste sie auch nicht. Wir schauten nur zu. Schon alleine das löste in ihr ein Unbehagen aus. Sie jammerte immer wieder. Mit mir zusammen jedoch bewältigte sie ihre kleinen und größeren Ängste und beteiligte sich schon am Ende der Tanzstunde freudestrahlend bei einem kurzen Tänzchen. Von diesem Moment an war das Eis gebrochen, der Knoten geplatzt. Sie tanz seitdem wie eine Ballerina. Die dreht sich, schwingt, klatscht, singt lauthals, hat keine Berühungsängste. So war es bis jetzt immer bei unserer Frieda. Ist der Anfang gemacht, gibt’s kein Halten mehr.
So war es zum Beispiel auch bei der Kinderreitstunde am vergangenen Sonntag. Ich hatte nämlich einen tollen Reiterhof im Kölner Umland ausfindig gemacht, der eine Kinderreitstunde schon für die Kleinsten anbietet. Hier werden die Ponys von Kindern und Eltern geputzt, gemeinsam gesattelt und dann geht’s ab auf den Reitplatz. Slalom, Aufmarschieren oder im Schritt über die Stange. Ganz nebenbei lernen die kleinen Reiter auch noch reichlich Know-How über Pferde. Ich war ganz begeistert, unsere Frieda allerdings weniger. Sie weinte hin und wieder, wollte gerne wieder nach Hause und auf keinen Fall sie aber reiten. Mir war aber auch diesmal wichtig, dass sie die Reitstunde mit uns gemeinsam meistert. Natürlich haben wir sie nicht auf “Willi” gesetzt und sie wortwörtlich darauf hängen lassen, aber wir sind eben auch nicht unverrichteter Dinge wieder gegangen. Wir haben geputzt und gestriegelt, gefüttert und gesattelt. Als dann alle Kinder aufsitzen durften, trugen wir unsere Frieda die gesamte Reitstunde auf dem Arm, führten gemeinsam den alten “Willi” am Strick und hatten wirklich Spaß. Am Ende der Reitstunde traute sich unsere Frieda dann doch ganz kurz aufzusteigen, war stolz wie Oskar und erzählt von nun an, dass sie bei der nächsten Kinderreitstunde auf “Willi” reiten wollen würde. Ob das Eis auch beim Kinderreiten wirklich gebrochen ist, sehen wir dann in 3 Wochen. Dann fahren wir nämlich wieder hin.
Ja, unsere Frieda ist vielleicht nicht so dickfellig wie viele andere Kinder. Sie findet “doofe” Scherze von Erwachsenen überhaupt gar nicht lustig und braucht in vielen Situationen unsere Begleitung. Manchmal werden wir dafür etwas schräg beäugt. In den Augen anderer betüddeln und verwöhnen wir Frieda zuviel, lassen wir sie zuwenig alleine durchstehen. Andere denken vielleicht sogar, dass wir das arme Mini-Menschen-Mädchen quälen, wenn wir sie solchen Lebenslagen wie dem Ballett oder der Kinderreitstunde aussetzen und sie dabei hin und wieder weinerlich jammert. Wir spüren und wissen aber, dass das für unsere Frieda der beste, richtige und wichtige Weg ist. Mit unserer Hilfe kann sie lernen, dass man schwierige Situationen meistern kann und am Ende gestärkt herausgeht. Dass man etwas schaffen und seine Ängste überwinden kann. Und dass die meisten Zusammenkünfte mit anderen Menschen dann doch wunderschön sind, Spaß machen und dass es sich lohnt mitzumachen.