so jemand wie sie sollte keine kinder kriegen

Dass ich vor längerer Zeit einmal so auf der Straße von einer Dame (sehr) älteren Semesters angesprochen wurde, habe ich schon einmal in “Ein glückliches Baby” erzählt. Es hört allerdings auch nach über einem Jahr nicht auf – zumindestens nicht so ganz. Üble Kommentare, übergriffige Fragen und Beschimpfungen sind zwar in letzter Zeit tatsächlich nicht mehr vorgekommen, aber die Blicke… Klar, sollte ich drüberstehen. Mache ich auch. Ich nicke, lächle freundlich und im Idealfall grüß’ ich auch noch nett, passend zur Tageszeit natürlich. Dennoch möchte ich ein paar Zeilen dazu niederzuschreiben. Ich frage mich nämlich wirklich, was in den Köpfen der Leute so vorgeht. Sind wir wirklich alle so voller Vorurteile? Urteilen wir alle so sehr nach dem äußeren Erscheinungsbild eines Menschen? Tue ich das eigentlich auch, verdammt nochmal?

Wie ihr ja wisst, fahren Frieda und ich nun jeden morgen mit der Bahn zur Tagesmutter. Wir fahren natürlich zur “Rush Hour” los und latschen, am Kölner Hauptbahnhof angekommen, einen total überfüllten Bahnsteig entlang. Frieda ist mit ihren 13 Monaten immer noch ein überglücklicher Tragling und ja, ich mag es auch immer noch sehr. Die Kinderwagenfahrten klappen zwar zunehmend besser, aber eben auch immer noch nicht, wenn die Nacht mal wieder schrecklich oder der Morgen viel zu früh in der Nacht begonnen hat und wir schon knappe 3 Stündchen wach sind. Also komme ich gegen 8 Uhr morgens mit Sack und Pack, mit Kind und Kegel am Gleis 10 an. Erst auf den zweiten Blick erkennt der wartende Fahrgast der Bahn, dass diese furchtbar dicke Frau tatsächlich ein Kind in der Trage unter ihrer Tragejacke trägt. Oh, Gott. Das arme Kind. Der zweite Blick, meistens dann begleitet durch ein Kopfschütteln, auf den Kinderwagen. Junges Mädchen, mehrere Kinder! Leute, ich weiß doch was ihr denkt. Man sieht es nämlich in euren Gesichtern. Der Kinderwagen ist nicht leer, ein weiteres Kind ist allerdings nicht drin. Nur eine meiner Taschen, die ich nicht auch noch tragen kann und will…

Wenn jetzt an dieser Stelle Schluß wäre. Ist es aber nicht. Es geht ja weiter. Manchmal meckert und knöttert unser Mini-Menschen-Mädchen nämlich auch. Sofort gucken natürlich alle. Wieder Blicke: Das arme Kind. Ebenso gucken die Leute übrigens auch, wenn Frieda ausnahmsweise im Kinderwagen sitzt und dann am Bahnhof anfängt etwas Krawall zu schlagen, dass sie aus der Kutsche raus möchte. Manchmal starten wir nämlich gut gezettelt und am Bahnhof wird sie dann so müde, dass ich sie in die Trage setze. Wie du es nun also drehst und wendest. Es ist immer schlimm! Irgendwas mache ich in den Augen der Leute doch eh falsch. In der Bahn gucken auch alle. Am liebsten andere, ältere (sehr ältere) Damen. Keine lächelt, obwohl Frieda mittlerweile sehr zufrieden auf mir herumturnt, aus dem Fenster sieht, fremden Leuten winkt oder mit ihnen zu kommunizieren versucht. Sieht doch eigentlich ganz glücklich aus das Kind, oder? Müsst ihr doch zugeben. Ja, ich sehe wahrscheinlich tatsächlich (und zum Glück!!!) noch recht jung und frisch aus. Vielleicht wirklich nicht wie 33 (kurz vor 34) Lenzen. Ich kleide mich jugendlich-lässig. Trage eher Skaterwear als Schicki-micki. Schminke mich dezent und wenig weiblich. Mit unserem Mini-Menschen-Mädchen gehe ich wohl auch eher locker, besonnen und verspielt um. Man sieht und merkt mir möglicherweise echt nicht an, dass mein Lehramtsstudium seit 2007 abgeschlossen ist und ich bereits seit gut 7 (S-I-E-B-E-N) Jahren auf beiden Beinen stehe. Den eigen wohlgemerkt! Ich habe einen super bombenfesten Traumjob und dieses kleine Wesen ein gewünschtes-Wunschkind. Es wächst voller Liebe von Mama und Papa sehr bedürfnisorientiert und geborgen auf. Wir spielen viel und Frieda läuft nicht nebenbei, sondern ist immer in der Hauptrolle. Zur perfekten Familienidylle gehört noch ein kleiner Hund. Uns allen geht es blendend, alles ist wunderschön!

Ich will einfach sagen: Leute, glotzt nicht so! Oder guckt, aber lächelt mal. Oder guckt und lasst das Kopfschütteln (auch in Gedanken!). Schaut mal hinter die Fassade der Menschen. Manchmal trügt der Schein oder es sieht in Wirklichkeit gar nicht so aus, wie ihr es sehen wollt.