loben ist das andere strafen

Seit Wochen geht mir ein Artikel nicht mehr aus dem Kopf, der mich über facebook erreicht hat. Veröffentlicht wurde “Fünf Gründe gegen “gut gemacht!” auf der Seite des Arbor-Verlags. Arbor ist ein toller, kleiner Verlag, der bei seinen Publikationen größten Wert auf Wege der Achtsamkeit und gegenseitige Wertschätzung in der Kindererziehung legt. Ganz bald dürfen wir euch hier auf dem Blog auch ein besonderes Buch aus diesem Verlag vorstellen. Darauf freue ich mich schon sehr. Heute geht es aber um diesen Artikel, der mir jeden Tag immer so präsent ist und in mir genau das auslöst(e), was er wohl sollte. In dem Beitrag geht um das Loben unserer Mini-Menschen und eben darum, warum wir Eltern es eigentlich nicht tun sollten.

Mööp! Ich lobte unsere bisher nämlich Frieda ständig. Ständig heißt wirklich immer. Bei allem, was sie lob1tat. Bei mir ist es natürlich nicht immer ein “gut gemacht”, aber Loben kommt bei mir tatsächlich diesem dort beschriebenen >>verbalen Tick<< gleich. Frieda steckt Pixi-Bücher in den Schlitz der Box – “PRIMA”, sie rutscht die Rutsche herunter – “YEAH”, sie sortiert Bauklötze nach Farben und Formen in die dafür vorgesehene Kiste – “Toll!”, sie trägt ihren Latz und ihr Frühstück selbst zum Esszimmertisch, hilft beim Einräumen der Spülmaschine, füttert den Hund, befüllt die Waschmaschine, fährt mit ihrem Trike, erkennt auf der Autofahrt zur KiTa zum 100. Mal den Bagger oder den Kran, klettert, malt, bastelt, spielt  [Liste kann an dieser Stelle schier endlos erweitert werden…] und und und. Fast immer folgt ein “Klasse!” oder eben eine gleichbedeutende verbale Bestätigung für ihr Tun. Selbstverständlich loben wir sie auch bei Dingen, auf die sie auch besonders stolz ist, weil sie sie endlich alleine geschafft hat. Das Treppensteigen zum Beispiel oder das Essen mit dem Löffel oder das Aufziehen einer Schublade. Oder sie versucht sich anzuziehen, hängt sich drei Pullover über den Kopf, findet sich unglaublich schön und erntet dann von uns immer ein “Oh, bist du schick!” Manchmal wollen wir ihr auch mit unserem Lob einfach nur ein Kompliment machen, weil wir uns ehrlich mit ihr über das freuen, was sie getan oder geschafft hat. Wir wollen damit ihr Verhalten natürlich nicht kontrollieren oder sein Auftreten häufiger machen.

Lob könne aber eben auch – so sagt der Artikel – sehr manipulativ sein. Immer dann nämlich, wenn wir unsere Mini-Menschen für Tätigkeiten loben, die unseren Wünschen oder denen der Gesellschaft entsprechen. Es gehe vor allem um Tischmanieren oder das Zimmeraufräumen. Dinge, die eben gern gesehen werden.  Des Weiteren wirke sich das Lob der Eltern negativ auf das Selbstgefühl und Selbstwertgefühl der Mini-Menschen aus.  Kinder, die alle von Natur aus nach Anerkennung hungern, verlassen sich dann immer mehr >>auf unsere Bewertung, unsere Entscheidung darüber, was gut und was schlecht ist, anstatt aus ihren eigenen Beurteilungen zu lernen. Es führt dazu, ihren Wert daran zu bemessen, was uns dazu bringen wird, zu lächeln und noch mehr Anerkennung zu verteilen.<<  Oh, je. Ich möchte jedenfalls nicht, dass sich unsere Frieda ausschließlich daran orientiert, was wir gut und toll finden. Ich möchte nicht, dass sie ihre Freude über das Schaffen von Tätigkeiten verliert. Ich möchte, dass sie sich ihr Interesse, die Exploration und am besten noch ihre Unbeschwertheit bewahrt – am besten ein Leben lang natürlich. Ich möchte ihr mit meinem Lob keinen Druck machen  „so gut bleiben“ zu wollen und für uns zu müssen.

Als ich den Artikel zum ersten Mal las, dass es ganz schön übertrieben ist. Lob könne niemals so schlecht sein wie im Text dargestellt. Dem Kind wenig Lob zukommen zu lassen erschien mir sehr emotionslos. Das dachte ich tatsächlich auch noch ein paar Tage danach. Nun, nach ein paar Wochen des “Sacken-Lassens” hat es irgendwie auch bei mir KLICK gemacht. Seitdem versuche ich tatsächlich etwas umsichtiger und überlegter mit meinem Lob umzugehen. Ich kommentiere Friedas Tätigkeiten weiterhin, denn einfach nichts zu sagen, wenn diese kleinen Augen mich strahlend ansehen, das passt nicht zu mir – nicht zu uns. Aber ich lobe sie viel, viel weniger. Ich stoße nicht mehr sofort ein “Toll!”, “Klasse” oder “Prima” aus und auch ein “Jawoll.”, “richtig” oder “Yeah” setze ich nun viel dosierter ein, da es im Grunde so wirkt wie ein echtes Lob. Da wir unser Mini-Menschen-Mädchen in Entscheidungs- und Entstehungsprozesse – zum Beispiel ins Bildermalen – noch nicht richtig einbinden und auch noch nicht mit ihr darüber sprechen können, fasse ich nun  viel mehr ihre Aktionen in Worte. Ich sage nun einfach immer das, was Frieda getan hat. Meistens schaffe ich das jedenfalls, denn eigentlich is ja die Reflexion gewisser Dinge schon der erste Schritt der Besserung. Ich überlege also nun dreimal, ob ein Lob an dieser Stelle schön wertschätzend eingesetzt ist oder einfach nur ein “verbaler Tick” und somit nahezu eine Floskel. Ich bin auf einem guten Weg, glaube ich.

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