mama und das minenfeld

Wir stehen in der Bäckerei. Unsere Frieda wünscht sich ein Weckchen (für alle Nicht-Kölner: so werden hier die Milchbrötchen genannt). Als die Verkäuferin uns das Brötchen gerade in eine Tüte packen will, äußert unser Mini-Menschen-Mädchen, dass sie das Weckchen lieber geschnitten haben wolle. Gut, kein Problem. Oder doch? Die Bäckereiangestellte ist so nett und schneidet uns das Objekt der Begierde gerne durch. Witzigerweise fragt sie vorher sogar, ob es senkrecht oder waagerecht halbiert werden soll. Ich ziehe die Schultern hoch und lächle unbeholfen, denn…. Ich weiß es nämlich auch nicht. Ja, ich bin zwar die Mama dieses zuckersüßen Mädchens und kenne sie sicherlich von allen hier am besten, aber die Antwort auf die Frage mit der Schnittrichtung weiß ich eben jetzt auch nicht. Seit ein paar Wochen ist es nämlich mal wieder egal, welche Entscheidung man trifft, es kann immer nach hinten losgehen. Es  muss nicht, könnte aber immer falsch sein. Schüchtern antworte ich „Ich weiß es leider auch nicht genau. Machen sie mal hochkant.“ Tatsächlich scheint sich unsere Frieda es genau so in ihrem kleinen Köpfchen ausgemalt zu haben und ist zufrieden. Ich atme erleichtert durch und wische mir die kleinen Schweißperlen von der Stirn. Geschafft.

So oder so ähnlich sieht es bei uns im Moment wieder jeden Tag aus. Die Farbe oder Größe des Trinkbechers, das Brot, der Käse geschnitten oder am Stück, die Buntstifte oder die Conni-Puppe, die man sprechen lassen soll. Das Tempo, in dem wir über die Autobahn fahren und ob ich morgens neben ihr liege, wenn sie aufwacht oder nicht. Jede Situation, jeder Schritt, sei er noch so überlegt, vorher miteinander abgesprochen oder einfach so wie immer, kann zu einer Explosion ihrer kindlichen Gefühle werden. Es gleicht einer Wanderung durch ein Minenfeld. Etwas, was in seinem Ablauf so gemacht wird, wie es  bisher eigentlich immer gemacht wurde, löst bei unserer Frieda große Wut oder Traurigkeit oder sogar beides in Kombination aus. Es ist ganz sicher wieder eine Phase, ein Umbruch und ein extrem großer und wichtiger Schritt in der Entwicklung unseres kleinen Mini-Menschen-Mädchens und ziemlich sicher weiß sie selbst auch gar nicht so richtig, wie das Brötchen denn nun halbiert werden soll und welche Farbe der Trinkbecher haben darf. Das ist ja eben die Krux. Vor ein paar Monaten habe ich schon mal bei der Blogparade von Susanne von halloliebewolke.de mitgemacht und mit anderen tollen Bloggern gemeinsam 1300 Gründe für Wutanfälle zusammengetragen. Mit einem Augenzwinkern natürlich. Klickt euch mal rein. Das Thema ist und bleibt ja irgendwie ein Dauerbrenner. Bei uns jedenfalls wiederkehrend.

Nun aber zurück zu den Unwägbarkeiten des Lebens. Diese Phasen, in denen unsere kleinen Lieblingsmenschen immer zu und immer mehr Selbstwirksamkeit erfahren, Entscheidungen treffen und eigenständig handeln wollen, sind für uns Eltern meistens wahnsinnig anstrengend und kräftezehrend. Gleichzeitig sind sie aber auch so irre wichtig und einfach ganz, ganz großartig. Da geht nämlich eine ganze Menge und das ist doch das eigentliche Wunder, welches wir betrachten und uns immer wieder geistesgegenwärtig wie ein Mantra aufsagen sollten. Neben den schwierigen Situationen hat unsere Frieda in den letzten Wochen jedenfalls wieder einen unglaublichen Schritt gemacht. Sie ist lustiger (und mit lustig meine ich so richtig witzig-humorvoll) geworden. Sie ist pfiffiger, überlegter und versucht die Welt um uns herum nicht nur zu begreifen, sondern vor allem auch kognitiv zu verstehen. Sie beginnt Fragen zu formulieren. Interessante Fragen. Fragen, die ich niemals müde werde zu beantworten. Sie wird mutiger und selbstsicherer. Sie schafft und macht Sachen, die sie noch vor drei Wochen nicht gemacht hätte und ist dabei so unendlich stolz. Das Lächeln ihrer Lippen und das Strahlen ihrer Augen sind mit keinem Geld der Welt zu bezahlen. Und kein Wutanfall unter Tränen, wenn mal etwas nicht so klappt wie sie es sich wünscht oder nicht so gemacht werden kann, wie sie es sich ausgemalt hatte, ist für mich zu groß, zu doll oder zu anstrengend. Es klingt jetzt vielleicht etwas polemisch, aber im Grunde sollten wir doch jeden dieser Wutanfälle unserer Kinder als großes Geschenk sehen und annehmen. Es geht nach vorne, unsere Kinder entwickeln sich. Ja, ich weiß. Das Positive im Schwierigen zu sehen ist tatsächlich nicht immer ganz so einfach. Mir gelingt es auch nicht in jeder Situation, aber zumindestens zunehmend besser. Ich begleite, spiegle, tröste, rede oder schweige und… halte – ganz fest und voller unendlicher Liebe. Egal wann, egal wo!

Was ruft (rief) bei eurem Mini-Menschen-Kind einen Wutanfall hervor und wie geht ihr mit diesen Unwägbarkeiten um? Wir sind alle nicht alleine, sitzen alle im gleichen Boot! Her mit euren erlebten Geschichten und euren persönlichen Erfahrungswerten.

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